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Zusammenfassung meiner Dissertation

Untersuchungen zum Mechanismus der oxidativen Abwasserreinigung mittels Hydroxyl-Radikal

Betreuer: apl. Prof. Dr. Dietrich Wabner, TU München 1994

In der vorliegenden Arbeit wurden Experimente zur oxidativen Entfernung von Chemischem Sauerstoffbedarf (CSB) aus industriellen Abwässern mittels Hydroxyl-Radikal durchgeführt und ESR-spektroskopisch untersucht. Dabei sollten drei Methoden zur Erzeugung von OH-Radikal verglichen werden: UV-Aktivierung von Wasserstoffperoxid, Fentons Reagenz und elektrolytische Oxidation mit Bleidioxid-Anoden.

Als Abwässer wurden überwiegend verbrauchte Kühlschmiermittel-Emulsionen untersucht, die durch Ultrafiltration vorbehandelt waren. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, sollte versucht werden, den nach der Ultrafiltration noch relativ hohen CSB-Wert mit oxidativen Methoden so weit wie möglich zu verringern.

Bei der Behandlung mit UV-aktiviertem Wasserstoffperoxid zeigte sich, dass die Spaltung des H2O2-Moleküls in OH-Radikale durch die Wasserinhaltsstoffe erschwert wurde. Viele anorganische und organische Substanzen absorbieren Strahlung um 196 nm, im gleichen Wellenlängenbereich, in dem auch Wasserstoffperoxid zersetzt wird. Dabei werden viele dieser Verbindungen nicht zerstört, sondern relaxieren ohne Zerfall. Daher ist diese Behandlungsmethode für stark salzhaltige und organisch hoch belastete Wässer ungeeignet.

In Fentons Reagenz wirken Eisen(II)-Salze als homogenkatalytische Aktivatoren, die aus Wasserstoffperoxid OH-Radikal erzeugen. Da in Gegenwart organischer Substanzen radikalische Zwischenstufen entstehen, die in der Lage sind, dabei gebildetes Eisen(III) wieder zu reduzieren, muss das Eisen(II)-Salz nicht in stöchiometrischer Menge eingesetzt werden.

Mit diesem Verfahren konnten bis zu 92 % des Ausgangs-CSB-Werts abgebaut werden. Die besten Erfolge wurden dabei durch möglichst langsame Zugabe des Wasserstoffperoxids, pH-Werte um 3 und ein Verhältnis Fe2+:H2O2 von 1:10 erreicht. Bei der Neutralisation zur Abtrennung der Eisen-Ionen werden auch andere Schwermetalle durch Fällung mit entfernt.

Bei der Elektrolytischen Oxidation mit Bleidioxid-Anoden entsteht wegen der hohen Sauerstoffüberspannung OH-Radikal in höherer Konzentration als an "inerten" Elektrodenmaterialen, z.B. an Platin. Daher sind hier Oxidationsreaktionen mit hohen Stromausbeuten möglich. In der vorliegenden Untersuchung gelang der CSB-Abbau mit gutem bis sehr gutem Erfolg. Allerdings waren die Ergebnisse schlechter reproduzierbar als mit Fentons Reagenz. Da die ölhaltigen Abwässer nicht sehr leitfähig waren, mussten zur Erreichung von ausreichenden Stromstärken relativ hohe Spannungen angelegt werden, was energetisch ungünstig ist. Daher erscheint diese Methode für die vorliegenden Abwässer nicht optimal. Bessere Erfolge sind bei Abwässern mit hoher Leitfähigkeit zu erwarten.

Mit Hilfe der Spin-Trap-Technik wurden ESR-spektroskopisch die Mechanismen untersucht, über die OH-Radikal die hier in Frage kommenden Wasserinhaltsstoffe angreifen kann. Da aus den Spektren der Abwässer selbst nur wenig aussagekräftige Daten gewonnen werden konnten, wurden verschiedene Modellsubstanzen für die Wasserinhaltsstoffe bzw. möglichen Zwischenstufen des Abbaus eingesetzt.

Es ergab sich, dass die Substanzklassen der Alkohole und Amine gut, Carbonyl- und Carboxyl-Verbindungen jedoch schwer abbaubar sind. Auch Ammonium-Ionen wirken gegenüber einem radikalischen Angriff desaktivierend. Dabei zeigte sich eine "natürliche" Grenze für den oxidativen Abbau mittels OH-Radikal: Viele Verbindungen werden über alkoholische Zwischenstufen zu Carbonsäuren oxidiert, die dann nur noch schwer weiter abgebaut werden können. Während bei längerkettigen Carboxylaten noch ein Angriff am w-Ende möglich ist, sind kurze Bruchstücke sowie Dicarbonsäuren ziemlich persistent. Eine Ausnahme bildet die Ameisensäure, bei der die C-H-Bindung leicht gespalten wird, wobei über das Formyl-Radikal Kohlendioxid entsteht.

Als Ergänzung zu früheren Abbauversuchen wurde auch der Mechanismus der Cyanidentgiftung mittels OH-Radikal untersucht. Dabei zeigte sich, dass im Gegensatz zu den bisherigen Vermutungen ein Cyanyl-Radikal in wässriger Lösung keine Rolle spielt. Stattdessen lagert sich das OH-Radikal an die CN-Dreifachbindung an. Als radikalische Zwischenstufe der Cyanid-Oxidation war hier nur das Aminoformyl-Radikal abfangbar.

Generell wurde deutlich, dass OH-Radikal nicht als Ein-Elektronen-Akzeptor reagiert, sondern entweder ein H abstrahiert oder sich an Mehrfachbindungen anlagert. Verbindungen, bei denen beide Reaktionen nicht möglich oder energetisch benachteiligt sind, sind daher durch den Angriff von Hydroxyl-Radikal nur schwer abbaubar.

Beim Einsatz von H2O2 als OH-Radikal-Quelle sind zusätzlich auch nichtradikalische Reaktionswege möglich. Dabei bilden sich Addukte von Nucleophilen und H2O2, die stärkere Oxidationsmittel als Wasserstoffperoxid selbst darstellen. Somit ist also eine Aktivierung von H2O2 nicht nur durch UV-Bestrahlung oder Schwermetallkatalyse, sondern auch durch einige Wasserinhaltsstoffe selbst möglich. Im Fall von Cyanid gab es zwar ESR-spektroskopische Anzeichen für eine solche Aktivierung, ein Abbauerfolg wurde jedoch dadurch nicht erzielt.

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